Kinderehen in Bangladesch: Vor früher Heirat schützen
Meghla ist 16 Jahre alt und lebt mit ihren Geschwistern bei ihrer Tante in einem Slum in Bangladesch. Sie hat schon viele Schattenseiten des Lebens kennengelernt. „In dieser Gesellschaft ist das Leben für Mädchen sehr schwer. Auf Schritt und Tritt sind wir mit Problemen konfrontiert. Es war nicht leicht, hier aufzuwachsen. Ich wurde misshandelt, manchmal wurde ich Opfer bösartiger Belästigungen, dann wieder vernachlässigt”, erzählt Meghla.
Als das Mädchen vier oder fünf Jahre alt war, trennten sich die Eltern. Dass ihr Vater eine andere Frau heiratete, war für sie sehr schmerzhaft. Ein Jahr später ging die Mutter in den Libanon auf der Suche nach Arbeit. Ein Gefühl der Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit ergriff Meghla. Sie wurde sehr traurig. Meghlas Tante versuchte nach Kräften, die Lücke zu füllen, die durch die Abwesenheit der Mutter entstanden war, aber sie konnte sie nicht ersetzen. Meghlas Vater starb, als sie in der siebten Klasse war. Für Meghla ein traumatisches Ereignis: „Unser Leben brach völlig auseinander und versank in Dunkelheit.“
Doch es passierte noch etwas: „Mitarbeiter von World Vision haben mich zu dieser Zeit für ein Programm eingetragen, in dem man Lebenskompetenzen lernt”, erklärt Meghla. „Wir wurden über Kinderehen und soziale Rechte aufgeklärt, und wir lernten, klar zu denken, Gefühle zu kontrollieren und unsere Meinung zu äußern. Ich habe alle Einheiten abgeschlossen. Diese Stunden halfen mir sehr dabei, mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln,” sagt Meghla. An den Programmen von World Vision teilzunehmen, brachte einen Lichtstrahl in Meghlas düstere Welt. Neben diesem Training trat sie dem Kinderforum in ihrer Gemeinde bei und fand dort auch Freunde.
Aber ihre Tante und ihre Mutter hatten Pläne für die damals 13-Jährige. Meghla erzählt: „Ich war in der neunten Klasse, als meine Mutter und meine Tante entschieden, mich mit einem Mann zu verheiraten, der im Ausland arbeitet. Es brach mir das Herz. Ich hörte auf zu essen und weinte die meiste Zeit. Ich wusste durch die Arbeit von World Vision, dass Kinderehen schlimme Folgen haben, und habe deshalb abgelehnt. Aber meine Verwandten setzten mich unter Druck. Meine Mutter und meine Tante drohten mir. Sie wollten nicht auf mein Bitten hören und begannen, die Hochzeitsfeier vorzubereiten. Ich hatte alle Hoffnung verloren, dass sie ihre Pläne aufgeben würden. Da beschloss ich, mich meinem Lehrer anzuvertrauen. Am Tag meiner Hochzeit verließ ich allein das Haus und ging zur Schule, um meine Abschlussprüfungen zu machen. Ich kam nicht zurück, um meine Hochzeit zu feien.”
Meghlas Lehrer und ihre Freunde aus dem Kinderforum besuchten die Tante und sprachen mit ihr. Sie erzählten ihr davon, dass es Meghlas Traum sei, weiter zur Schule zu gehen. Sie erklärten ihr, welche negative Auswirkungen eine Kinderehe nach sich ziehe. Dank dieser Aufklärung entschied Meghlas Tante, ihre Nichte nicht in diesem jungen Alter zu verheiraten, sondern in ihre Bildung zu investieren.
„Ich lebe nicht mehr in der Dunkelheit. Ich habe mein Leben zurückbekommen. Ich habe von ganzem Herzen für die Schule gelernt und erfolgreich die zehnte Klasse abgeschlossen“, berichtet Meghla. Sie ist jetzt in der elften Klasse, sie möchte studieren und Sozialarbeiterin werden. Zurzeit ist sie Vorsitzende eines Kinderforums. Zudem hilft sie Kindern in ihrer Gemeinde und unterstützt World Vision Mitarbeiter bei Kinderschutzthemen. „Meghla ist unser Vorbild. Sie zeigt uns, welchen Weg wir gehen müssen, wenn wir unser Leben voller Mut leben wollen”, sagt Nipa, Meghlas Freundin.