Meghla macht mobil gegen Kinderheirat
Meghla aus Bangladesch ist Jugendbotschafterin von World Vision bei "Girls not Brides", einem weltweiten Zusammenschluss von über 900 zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für ein Ende von Kinderheirat und Zwangsehen einsetzen. Bei einer großen Konferenz von "Girls not Brides" konnte die 18-jährige gerade über ihre eigenen Erfahrungen berichten und für ihr lokales Engagement neue Verbündete gewinnen.
„In meiner Gesellschaft ist es sehr schmerzvoll als Mädchen aufzuwachsen“, berichtet Meghla, die aus einem Armenviertel der Millionen- Metropole Dhaka kommt. „Bei jedem Schritt wird ein Mädchen mit Problemen konfrontiert. Ich habe das selbst erfahren. Manchmal wurde ich misshandelt oder gehänselt, manchmal auch einfach gar nicht beachtet von Eltern und Betreuern.“
Meghla wuchs mit ihren Geschwistern bei einer Tante auf, nachdem ihre Eltern sich getrennt hatten und ihre Mutter ins Ausland ging, um Geld zu verdienen. Offenbar fühlten sich beide Frauen durch diese Situation sehr unter Druck, das Mädchen früh zu verheiraten. Beinahe wäre Meghla daher bereits mit 13 Jahren an einen 30-jährigen Mann im Ausland verheiratet worden, den weder sie noch ihre Mutter jemals getroffen hatten.
In meiner Gesellschaft ist es sehr schmerzvoll als Mädchen aufzuwachsen.
„Ich wollte nicht heiraten, und ich war daran interessiert, meine Ausbildung fortzusetzen. Trotzdem hat meine Mutter den Termin für die Hochzeit ohne meine Zustimmung festgelegt". Weder Argumente noch flehende Bitten halfen, und die Verwandtschaft versuchte sogar mit Drohungen das Mädchen gefügig zu machen. Doch Meghla gab nicht auf, vertraute sich einer Lehrerin an und suchte Zuflucht bei Freunden. Sie informierte auch ein von World Vision betreutes Kinder-und Jugendforum und allen zusammen gelang es schließlich Meghlas Mutter zu überzeugen, dass es nicht richtig und nicht klug wäre, einer 13-jährigen eine Ehe aufzuzwingen. „Ich bin froh, dass ich meine eigene Verheiratung verhindern konnte, und jetzt setze ich mich sehr dafür ein, auch andere Mädchen vor einer Kinderheirat zu schützen“, sagt die hochmotivierte Schülerin.
Die richtige Förderung ebnete den Weg
Eine geeignete Plattform und Förderung für ihr Engagement hat Meghla zunächst in dem lokalen Kinder-und Jugendforum gefunden. Einem von vielen Foren, wie wir unterstützen. Den Weg dorthin fand sie durch einen World Vision-Mitarbeiter, der sie in ein sogenanntes "Life Skills Education"-Programm für Kinder aufgenommen hatte. „Die Lernmodule dort haben mich viel gelehrt über soziale Rechte und Nachteile von früher Heirat, über klares Denken, die Kontrolle von Emotionen und die Kommunikation unserer Meinungen. Der Unterricht hat mir auch wirklich geholfen, mehr Vertrauen in mich selbst zu entwickeln.“
Im Kinder-und Jugendforum könnten sie nicht nur Probleme diskutieren und Freundschaften schließen, sondern würden auch dabei unterstützt, ihren Stimmen Gehör zu verschaffen. „Wir haben in unserer Gegend durch eine Untersuchung festgestellt, dass 40 Prozent aller Mädchen vor ihrem 18. Lebensjahr heiraten“, so Meghla. „Um einen Wandel zu erreichen, haben wir in Workshops Kampagnen zur Sensibilisierung entwickelt. Durch ein Komitee sind wir mit Lehrern und anderen Menschen, die Einfluss haben verbunden, und wir arbeiten auch mit der örtlichen Polizei zusammen.“
In den letzten 18 Monaten, so berichtet Meghla weiter, konnten die Mitglieder des Forums 13 Kinderheiraten stoppen. „Ich konnte die Verheiratung zweier Kinder verhindern, indem ich mit den Familien sprach und sie überzeugte, ihre Töchter nicht zur Heirat zu zwingen. Das sind große Erfolge, auf die wir als Forum stolz sind.“
Sozialer Druck und Männer-Kultur fördern noch immer Kinderehen
Kinderheirat ist in Bangladesch eigentlich seit Jahrzehnten per Gesetz verboten, doch das Durchschnittsalter bei Mädchen liegt trotzdem bei 16 Jahren. Armut ist einer der Haupttreiber, denn arme Familien haben Probleme eine Ausbildung aller Kinder zu finanzieren. Zudem wollen sie vermeiden, eine hohe Mitgift zahlen zu müssen. „Ein weiterer Faktor ist, dass die Familien aufgrund der sozialen Unsicherheit und der patriarchalischen Gesellschaft Angst davor haben unverheiratete Mädchen zu Hause zu halten“, ergänzt Meghla. Sie hat in vielen Gesprächen auch erlebt, dass den Eltern die negativen Folgen einer frühen Verheiratung ihrer Kinder gar nicht bewusst sind. Daher sei der Ansatz des Forums, auf die Familien mit Aufklärung zu überzeugen. „Wenn das nicht funktioniert, schalten wir mit Hilfe der Leute in der Gemeinde die Polizei ein. Manchmal ist diese Arbeit nicht einfach für uns“, räumt Meghla ein: „Wir haben schon Drohungen erhalten.“
Zusammenschluss nimmt Stellung zu politischer Verantwortung
Am Beispiel eines Gesetzentwurfs, der in diesem Frühjahr von der Regierung eingebracht wurde, kann man erkennen, dass die öffentliche Debatte um das Thema in Bangladesch keineswegs abgeschlossen ist. Das Gesetz soll Ehen Minderjähriger in Ausnahmefällen zulassen. "Girls not Brides" forderte in einer Pressekonferenz, dass diese Ausnahmefälle präzise benannt werden, damit das Gesetz nicht willkürlich zur Rechtfertigung von Kinderehen angewandt werden kann.
Meghla redet unterdessen der Zivilgesellschaft zum Thema Kinderrechte ins Gewissen: „Es ist an der Zeit, auf die Erziehung der Mädchen zu achten, die Menschen in jeder Gemeinschaft zu sensibilisieren und die Kinder vor sexuellem Missbrauch und Gewalt zu schützen. Wir möchten unsere Kindheit genießen und wir möchten, dass unsere Gesellschaft zu einem Ort wird, an dem keine Mädchen Opfer von Missbrauch, einschließlich Kinderheirat, werden. Wir wollen unser Leben in Freiheit leben.“