13.04.2023

Kinderrechte

So werden sie weltweit verletzt

Autor: IBrecheis

Kinderrechte sind selbstverständlich? Das wäre schön, aber dem ist nicht so. Denn weltweit werden sie verletzt. Und das nicht nur in fernen Ländern, sondern auch hier in Deutschland. 

Die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1989 legt  in 54 Artikeln  die Rechte von Kindern sowie die Pflichten der Vertragsstaaten fest, diese Rechte zu schützen, zu fördern und umzusetzen. Darunter finden sich zum Beispiel das Recht auf Bildung, auf körperliche Unversehrtheit, auf Schutz vor Gewaltanwendung, das Recht auf Gesundheit und Ernährung - aber auch das Recht auf Partizipation, rechtliches Gehör sowie Spiel und Freizeit.

Mit Ausnahme der USA haben alle Länder der Welt diese Konvention unterzeichnet und sich damit verpflichtet, sie zu verwirklichen. Es hapert aber an der Umsetzung. Und das hat verschiedene Gründe.
 

Welche Gründe für Kinderrechtsverletzungen gibt es?

Eine Familie aus der Demokratischen Republik Kongo

Armut ist vielerorts einer der Hauptgründe, weshalb die Rechte von Kindern verletzt werden. 2017 lebten 356 Millionen Kinder auf der Erde in Armut. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie dürften diese Zahl erhöht haben. Armut verringert die Chance, Zugang zu Bildungsmöglichkeiten zu haben. Wo Armut vorherrscht, ist die Gesundheit der Kinder etwa durch Hunger oder mangelnden Zugang zu Wasser gefährdet. Da sind sie in Gefahr, zu Kinderarbeit genötigt oder frühverheiratet zu werden. 

Besonders in Konfliktregionen und bei (Natur-) Katastrophen finden Kinderrechtsverletzungen statt, wie zum Beispiel in Syrien, wo die Menschen bereits seit 12 Jahren unter einem langanhaltenden  Krieg leiden oder in der Ukraine und Somalia. Hier finden sich Kinder unter den Todesopfern, hier werden sie ihrer sicheren Umgebung beraubt, leben in ständiger Angst oder werden - wie in Somalia - gar als Kindersoldaten rekrutiert.

Aber auch in Ländern wie Deutschland ist die UN-Kinderrechtskonvention nicht vollständig umgesetzt. Rund 20,2 % der Kinder in Deutschland sind laut Statista von Armut betroffen. Aus diesem Grund besuchen sie weniger häufig einen Arzt, sind von Freizeitaktivitäten ausgeschlossen und erwerben meist niedrigere Bildungsabschlüsse. Aus diesem Teufelskreis auszubrechen, ist schwer. 

Welche Kinderrechte werden häufig verletzt?

Verletzung des Rechts auf Bildung 

244 Millionen Mädchen und Jungen weltweit besuchen keine Schule. Damit sind ihre Möglichkeiten, sich zu entfalten und ein gutes Leben aufbauen zu können, stark eingeschränkt. Bildung ist der Motor für nachhaltige Entwicklung und der Schlüssel, um Armut hinter sich zu lassen.

In Ländern, in denen Kinder in Bezug auf Bildung benachteiligt werden, ist auch eine weitere Kinderrechtsverletzung verbreitet: die Zwangsverheiratung von – zumeist - Mädchen. Wenn die Mädchen zuvor eine Schule besucht haben, so bedeutet die Ehe oft das Aus für ihre Schulbildung. Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge werden jedes einzelne Jahr 12 Millionen minderjährige Mädchen zwangsverheiratet.

So setzt sich World Vision weltweit für das Recht auf Bildung ein: 

  • Zugang zu formaler und nicht-formaler Bildungsangeboten in Konflikt- und Krisensituationen.
  • Bereitstellung von Unterrichtsmaterialien.
  • Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften.
  • Nachholprogramme, um Bildungslücken zu schließen.
  • Gründung von Leseclubs, um die Lesefähigkeit zu stärken.
  • Anwaltschaftsarbeit mit der Globalen Bildungskampagne für das Recht auf Bildung weltweit.
  • In manchen Ländern brauchen Kinder ein Geburtszertifikat, um eine weiterführende Schule besuchen zu dürfen. Doch aufgrund fehlender staatlicher Infrastruktur werden vielerorts Kinder bei der Geburt nicht registriert.  Durch das WV-Projekt “Citizen Voice and Action” setzen sich die Menschen vor Ort dafür ein, dass Kinder auch ohne Geburtenregistrierung die Schule besuchen und einen Abschluss machen dürfen. 
  • Wir stellen sicher, dass die Kinder nicht nur konsultiert werden, sondern dass ihre Stimme bei der Projektplanung, aber auch in ihren Gemeinden und auf nationalen Plattformen gehört wird.

 

Kinder in einer Schule in Haiti
Mädchen beim Steineklopfen

Verletzung des Rechts auf Schutz vor ausbeuterischer Kinderarbeit

Unter ausbeuterischer Kinderarbeit  versteht man Tätigkeiten, für die ein Kind zu jung ist, die gefährlich oder ausbeuterisch sind. Zum Beispiel, wenn Kinder in Minen arbeiten, in Steinbrüchen oder auf Plantagen. 
Rund 160 Millionen Kinder auf der Welt müssen arbeiten gehen, um für ihren Lebensunterhalt zu sorgen und zum Familieneinkommen beizutragen. Die meisten arbeitenden Kinder leben in Afrika und Asien. 

So engagiert sich World Vision gegen Kinderarbeit:

  • Gründung von Kinderrechte-Komitees in unseren Projekten, die über Kinderrechte aufklären und das Bewusstsein über die Gefahren von ausbeuterischer Kinderarbeit und Wichtigkeit von Bildung in die Gemeinschaften tragen und Ansprechpartner bei Problemen und Fragen sind.
  • Finanzielle Stärkung von Familien (z.B. durch Spargruppen), sodass Kinder nicht zum Familieneinkommen beitragen müssen. 
  • Politische Anwaltschaftsarbeit für das deutsche und europäische Lieferkettengesetz, welches Unternehmen für eine nachhaltige und faire Produktion in die Verantwortung zieht. 
  • Kooperation mit lokalen Unternehmen, um Kinderschutzstandards zu etablieren.
  • Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren und Schulen, um arbeitenden Kindern alternative Bildungsmöglichkeiten zu bieten, damit sie ihre Ausbildung nachholen können.

Zu den besonders schlimmen Formen der ausbeuterischen Kinderarbeit zählen erzwungene kriminelle Tätigkeiten, wie Drogenkurier zu sein, zu Prostitutionszwecken ausgebeutet zu werden oder als Kindersoldatin und Kindersoldat ausgebeutet zu werden. 
 

Rekrutiert als Kindersoldatinnen und Kindersoldaten

Wolfgang Niedecken im Rebound-Projekt

Nach offiziellen Zahlen der UN gibt es weltweit (Stand: 2021) über 8.000  Kindersoldatinnen und  Kindersoldaten. Allerdings wird die Dunkelziffer weitaus hoher geschätzt – auf mehrere Hunderttausend. UNICEF geht allein in der Demokratischen Republik Kongo von 10.000 Kindern aus, die als Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden. Diese Kinder werden zum Beispiel zu Täterinnen und Täter  bei aktiven Kampfhandlungen gemacht; sehen und erleben Dinge, die ein Kind nie sehen und erleben sollte.

So setzt sich World Vision für ehemalige Kindersoldatinnen und Kindersoldaten ein:

Mit unserem Projekt Rebound unterstützen wir gemeinsam mit dem BAP-Sänger Wolfgang Niedecken traumatisierte ehemalige Kindersoldatinnen und Kindersoldaten im Osten des Kongo. Ziel des Rebound-Projekts ist, den Kindern zurück in ein „normales“ Leben zu verhelfen. Daher geht das Projekt mit berufsbildenden Maßnahmen einher, um ihnen zu ermöglichen, sich eine eigenverantwortliche Existenz in Frieden aufzubauen. Hier mehr über das Rebound-Projekt erfahren.
 

Verletzung des Rechts auf Schutz vor Gewalt

Kinder sind verschiedenen Formen von Gewalt ausgesetzt. Gewalt reicht von sexualisierter Gewalt über körperliche bis hin zu emotionaler Gewalt, auch virtuell im Internet. Gewalt gegen Kinder findet überall auf der Welt statt. Gewalt findet in der Familie, im näheren Umfeld, in der Schule oder im Internet statt. Die Folgen der erlebten Gewalt sind nicht immer sogleich sichtbar. Sie können unsichtbare Narben hinterlassen, die das Kind noch als Erwachsenen unter dem Erlebten leiden lassen und darin beschränken, sein ganzes Potenzial zu entfalten.

So setzt sich World Vision für den Schutz der Kinder vor Gewalt ein:

  • Mittels Child Friendly Spaces, die in Krisen und Notsituationen zum Einsatz kommen. Das sind Orte, an denen Kinder betreut werden, spielen, malen, kurzum sicher sind und Kind sein können.
  • Wir setzen uns mittels Schulungen und Kinderrechtskomitees vor Ort gegen sexualisierte Ausbeutung von Kindern ein und sensibilisieren durch Forschung und Advocacy-Arbeit auch die politischen Entscheidungstragenden hierzulande.
  • Wir arbeiten mit Eltern und Betreuern zusammen, um sie mit Wissen und Fähigkeiten über die kindliche Entwicklung und psychologische Unterstützung auszustatten.
  • Wir arbeiten mit den Pflichtenträgern und führenden Persönlichkeiten der Gemeinschaft zusammen, um sicherzustellen, dass sie für den Schutz der Rechte aller Bürger zur Rechenschaft gezogen werden.
  • Wir ermutigen  religiöse Führer, um schädliche Praktiken wie Genitalverstümmelung infrage zu stellen und die Gemeindemitglieder zu ermutigen, positive Verhaltensänderungen zu praktizieren und wieder zu fördern.
Junges Mädchen das Gender Based Violence erfahren hat

Schon von Mica gehört?

Mica ist ein Stoff, der in Autolacken, Zahnpaste und in Produkten der dekorativen Kosmetik vorkommt. Er sorgt für Glanz und Glitter im Lidschatten. Das meiste Mica wird in Indien abgebaut. Und das oft von Kindern. Für die stundenlange Plackerei in einsturzgefährdeten Minen bekommen sie Centbeträge. Obwohl es mittlerweile künstlichen Ersatz für Mica gibt, wird der natürliche Rohstoff bevorzugt. Auf Kosten der Kinder. Über Zwischenhändler gelangt es dann an die großen Exporteure, die damit ziemlich gutes Geld verdienen.

Unterernährtes Kind bei der Gesundheitskontrolle

Verletzung des Rechts auf Gesundheitsvorsorge

Die UN-Kinderrechtskonvention hebt unter dem Artikel der „Gesundheitsvorsorge“ auch hervor, dass Kinder ein Recht auf Behandlung von Krankheiten haben, dass Unter- und Mangelernährung bekämpft werden muss. Die Gesundheit von Kindern ist durch die fortschreitende Umweltzerstörung, durch die Folgen des Klimawandels und durch die damit einhergehenden Wetterextreme gefährdet. Im Jahr 2022 haben 26 Millionen Kinder unter Mangelernährung gelitten. 
Auch aufgeführt ist, kulturelle Bräuche abzuschaffen, die das Wohl der Kinder gefährden. Insbesondere ist hier weibliche Genitalverstümmelung (Englisch: Female-Genital-Mutilation; kurz: FGM) zu nennen. Eine Praxis, die an Mädchen durchgeführt wird, bei der die äußeren weiblichen Genitalen ganz oder teilweise entfernt werden, um das Mädchen in ihre Rolle als Frau einzuführen. Hier findet ihr mehr über FGM

So setzt sich World Vision für die Gesundheit  der Kinder weltweit ein:

  • Wir verhelfen schwer unterernährten Kindern zu einer vollständigen Genesung.
  • Um Infektionen und Krankheiten zu bekämpfen, schulen wir kommunale Gesundheitshelfer und Familien in der Prävention und stellen Bettnetze bereit, um Kinder im Schlaf vor Malaria zu schützen.
  • In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen bekämpfen wir die Ursachen für Frühschwangerschaften und ermöglichen den Zugang zu wichtigen Gesundheitsdiensten sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten.
  • Wir konzentrieren uns auf die Bereitstellung von sauberem Wasser, menschenwürdigen sanitären Einrichtungen und wirksamen Hygienepraktiken in Gemeinden, Schulen und Gesundheitseinrichtungen.

Verletzung des Schutzes im Krieg und auf der Flucht

Weltweit leben etwa 36 Millionen Kinder als Vertriebene oder Geflüchtete. Bedingt durch Kriege, Krisen und Naturkatastrophen ausgelöst  auch durch den Klimawandel. Die UN-Kinderrechtskonvention sieht vor, dass sie auf der Flucht ganz besonderen Schutz bekommen sollen . Die Realität sieht aber zumeist anders aus. Auf der Flucht können sie leicht von ihren Eltern und Angehörigen getrennt werden und sind auf sich allein gestellt und besonders exponiert für weitere Gefährdungen. Sie müssen ihr gewohntes Umfeld verlassen und leben womöglich in behelfsmäßigen Geflüchteten-Unterkünften.

So setzt sich World Vision für geflüchtete Kinder ein:

  • Schaffung eines kontinuierlichen Schutzes für Kinder, die auf der Flucht sind.
  • Aufbau friedlicher Gesellschaften, Bekämpfung von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Diskriminierung.
  • Wir arbeiten weiter an der Entwicklung von Instrumenten und Ressourcen und an der Verbesserung der Erkenntnisse über die wichtige Rolle, die religiöse Akteure bei der Stärkung der Resilienz von Kindern und Betreuungspersonen spielen können und spielen.
  • Als Teil einer Koalition mit wichtigen internationalen Organisationen haben wir Instrumente und Ansätze entwickelt, die Konflikte und Gewalt verhindern und akzeptierende Gemeinschaften für vertriebene Kinder schaffen.
  • Wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass ihre Rechte in dem Land, in dem sie ihren Wohnsitz haben, anerkannt werden, damit die Kinder das gleiche Recht auf Bildung und Gesundheitsversorgung haben.
Geflüchteter ukrainischer Junge

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