Patenschaft: Ein Abenteuer für zwei Familien
Patenschaften helfen nicht nur Kindern, Familien und Gemeinden in Afrika, Asien und Südamerika, dass sich ihr Leben spürbar verbessert, sie sind auch ein Abenteuer für die Patenfamilien in Deutschland. World Vision Mitarbeiterin Steffi hat kürzlich eine Patenschaft für ein Mädchen in Indien abgeschlossen und berichtet im Interview über ihre Erfahrungen.
Vor kurzem hat deine Familie eine Patenschaft übernommen - was hat euch dazu bewogen?
Steffi: Unsere Tochter Leni ist jetzt vier Jahre alt und mein Mann und ich fanden, dass das ein gutes Alter ist, um mit ihr darüber zu sprechen, wie es Kindern in anderen Ländern geht und wie man ihnen über eine Patenschaft helfen kann. Also haben wir eine Patenschaft für ein Mädchen aus Indien abgeschlossen, das genauso alt ist wie unsere Tochter. Das hat gut gepasst und man kann viele Parallelen ziehen zwischen den beiden Leben. Und so konnte ich eines Tages ganz offiziell beim Abendessen bekanntgegeben: „Wir haben jetzt ein neues Familienmitglied.“
Wie hat deine Tochter auf diese Ankündigung reagiert?
Steffi: Als erstes musste ich ihr den Begriff Patenkind und was das heißt, erklären und auch, dass unser Patenkind Puja weit weg wohnt und nicht in Deutschland. Ich habe ihr auch erzählt, dass Puja ein armes Kind ist, das wir finanziell unterstützen. Leni war sehr interessiert und hat gleich an diesem Abend noch viele Fragen gestellt. Sie wollte zum Beispiel sicher gehen, dass unser Patenkind nicht verhungern muss, und wir haben dann darüber gesprochen, dass es Puja, ihrer Familie und der ganzen Region besser gehen wird, weil wir jetzt regelmäßig Geld schicken. Später fragte sie noch: “Müssen wir dann nicht verhungern, wenn wir unser ganzes Geld nach Indien schicken?“ Man konnte förmlich spüren, wie alles in Leni gearbeitet hat. Es war für sie wirklich ein großes Thema, was das bedeutet, ein Kind zu unterstützen.
Hält sich dieses Interesse?
Steffi: Ja, seitdem ist die Patenschaft ganz oft Thema bei uns in der Familie. Im Moment zum Beispiel wird unsere Tochter auf einige Kindergeburtstage eingeladen und hat mich dann gefragt: „Was ist denn, wenn Puja mich zum Geburtstag einlädt? Dann müssen wir ja ganz weit reisen, um dort hin zu kommen.“ So bieten sich immer wieder Möglichkeiten, um mit ihr über das Leben unseres Patenkindes zu sprechen.
Oder neulich fing sie abends beim Händewaschen an, sich das Wasser mit einem Becher über die Hände zu schütten, bis mein Mann sagte: „So wäscht man doch keine Hände.“ Aber sie antwortete: „Doch, doch, in Indien wäscht man so Hände. Puja wäscht sich die Hände genauso.“ Kurz davor hatten wir uns informiert, wie Kinder in Indien leben und sie hatte das alles abgespeichert und wollte es auch gleich selbst ausprobieren.
Warum habt ihr dieses Mädchen ausgesucht?
Steffi: Ich habe einen Bezug zu Indien, weil ich selbst nach der Schule dort für ein Dreivierteljahr einen Freiwilligendienst gemacht habe, in einem Kinderheim mit geistig und körperlich behinderten Kindern. Es war für mich das erste Land, in dem ich lange von zuhause weg war, und ich habe eine ganz besondere Verbindung zu Indien. Mir war es auch wichtig, dass es ein Mädchen ist, weil Mädchen in Indien immer noch eine schlechtere Ausgangslage haben als Jungen.
Die Patenschaft ist für uns ein wundervolles Erlebnis, weil jetzt ein Hauch Indiens durch unser Haus weht.
Wie steht ihr in Verbindung mit eurem Patenkind?
Steffi: Als wir die Patenschaft abgeschlossen hatten, wollte Leni genau wissen, wie denn Kinder in Indien leben. Wir haben uns dann das Patenportal bei Mein World Vision angeschaut und gleich ein Video von Puja und ihrem Vater gesehen, in dem sie uns zugewunken hat. Wir haben uns auch auf Fotos angesehen, wie Kinder in Indien leben, dass ihre Hütte oftmals kein richtiges Haus ist wie bei uns, dass man zum Brunnen länger laufen muss und dass das Trinkwasser nicht aus der Leitung kommt. Dass man in Indien mit der Hand essen darf, fand Leni natürlich super!
Inzwischen haben wir auch schon einen Brief von Puja bekommen, in dem wir mehr über ihr Leben erfahren haben. Das war sehr, sehr spannend für Leni. Wir haben darin gelesen, dass Puja einen Bruder und eine Schwester hat, noch nicht in den Kindergarten geht und zusammen mit ihren Geschwistern und ihren Eltern wohnt. In unserem Antwortbrief haben wir uns dann als Familie vorgestellt, ein Foto mitgeschickt und Leni ein selbst gemaltes Bild. Es ist für uns wirklich so, dass es jetzt ein neues Familienmitglied bei uns gibt, das aber in Indien wohnt.
Welche Rolle wird die Patenschaft in Zukunft in deiner Familie spielen?
Steffi: Ich glaube, dass die Patenschaft uns immer begleiten wird. Natürlich ist das Interesse im Moment noch besonders groß, weil wir die Patenschaft erst vor einem halben Jahr abgeschlossen haben. Jetzt ist alles noch sehr frisch und es ist das erste Mal Weihnachten und das erste Mal Geburtstag. Aber es wird auch weiterhin für unsere Tochter spannend bleiben, weil sie weiter am Leben von Puja teilhaben wird, und auch für uns, weil wir die Entwicklung miterleben können: Das Schöne ist ja, dass meine Tochter und unser Patenkind gleich alt sind und Puja auch noch zur selben Zeit Geburtstag hat wie unsere Tochter. Sie wird also zur selben Zeit fünf Jahre alt, wird zur selben Zeit in die Schule kommen und so weiter. Es wird immer wieder Parallelen geben zwischen dem Leben unserer Tochter und dem unseres Patenkindes. Das ist etwas sehr Schönes, auf das wir uns schon freuen.